Die meisten bei uns heimischen Vogelarten, die den Winter in wärmeren Gebieten verbringen, ziehen nach Afrika. Von einem entspannten Urlaubstrip kann dabei jedoch nicht die Rede sein. Nach ihrer langen Reise endlich angekommen, müssen sich die Zugvögel mit ihren neuen Nachbarn arrangieren! Denn die afrikanischen Standvögel begrüßen die Gäste nicht immer mit offenen Flügeln.
Tropische Vögel in Afrika: Koexistenz oder Konkurrenz?
Von den rund 5 Milliarden Vögeln, die jedes Jahr in den Herbst- und Wintermonaten von Europa nach Afrika ziehen, trifft etwa ein Drittel von ihnen auf direkte Konkurrenz in den Überwinterungsgebieten. Arten, die sich in ihrer Lebensform besonders ähnlich sind, konkurrieren um den Lebensraum, Nahrung und Brutplätze. Dabei konnten bisher verschiedene Beobachtungen gemacht werden, wie die jeweiligen Vogelarten auf die neuen Nachbarn reagieren:
Eine Nische suchen
Einige Zugvögel aus den gemäßigten Regionen geben sich damit zufrieden, sich eine sogenannte Nische zu suchen. Sie überlassen den Standvögeln ihr natürliches Habitat. Gleichzeitig passen sie sich den Gegebenheiten so an, dass sie auch in artfremden Umgebungen den Winter überstehen können. Dazu gehört auch, flexibel bei der Standortwahl zu sein.
Die Standvögel fliehen
Mit der Ankunft der Zugvögel lässt sich bei einigen Standvögeln eine regionale Bewegung ausmachen. Erreicht der Steinschmätzer den afrikanischen Kontinent, machen sich Braunbrust Steinschmätzer, Erdsteinschmätzer sowie Gelbbauchfeinsänger in Richtung Süden nach Kenia auf. Damit vermeiden die Standvögel eine dauerhafte Konkurrenz mit den Zugvögeln.
Nicht wählerisch sein
Forscher konnten feststellen, dass sich die Nahrungsaufnahme von Stand- und Zugvögeln unterscheidet und dies vermutlich auf direkte Konkurrenz zurückzuführen ist. So zum Beispiel beim Fitis: Der kleine Zugvogel wechselt bei der Nahrungssuche häufiger den Standort, bewegt sich allgemein schneller und frisst deutlich mehr als der ihm ähnliche afrikanische Gelbbauchfeinsänger. Außerdem jagt er eher aus der Luft, während die ihm ähnlichen Standvögel vermehrt vom Boden aus ihre Nahrung suchen.
Zum Kampf kommt es selten
Obwohl ein großer Teil der Zugvögel im natürlichen Habitat territorial agiert, das Zuhause also wenn nötig aggressiv verteidigt, wurden bisher nur selten Revierkämpfe zwischen Zug- und Standvögeln beobachtet. Schwarzohrpirole wurden dabei beobachtet, wie sie Pirole aus dem Norden aus ihren Brutrevieren vertreiben. Andersherum zeigten Weißbartgrasmücken in Nigeria vereinzelt aggressives Verhalten gegenüber afrikanischen Grünbrustnektarvögeln und Elfennektarvögeln. Der Fitis stört die einheimischen Vögel eher mit aufdringlicher Neugier als mit Aggression. Kommt es jedoch zu Nahrungsknappheit, kann es lokal zu einer größenabhängigen Hierarchie zwischen den Arten kommen.
Wenn es euch interessiert, wo unsere heimischen Vogelarten den Winter verbringen, könnt ihr euch auf der Karte von madiba.de informieren. Die Konkurrenz um Nahrung und Lebensraum ist letztendlich der Grund, warum die Zugvögel im Frühjahr wieder zurück nach Europa fliegen. Hier finden sie Nahrung und haben ausreichend Platz zum Brüten. Zu Hause ist es doch am schönsten!