Raubwürger
Klingt wie ein Schwerverbrecher, ist aber nur ein geschickter Jäger: Der grau-schwarz-weiße Raubwürger schnappt seine Beute nicht nur, er lagert sie auch. Wie der Singvogel beides bewerkstelligt, erfahrt ihr im Raubwürger-Steckbrief.
Aussehen
Was Namen und Aussehen angeht, ist der Raubwürger in der Familie der Würger leicht verwechselbar. In diesem Raubwürger-Steckbrief wird vom Nördlichen Raubwürgeroder Grauwürger die Rede sein, also lanius excubitor, nicht seinem Verwandten, dem Südlichen oder Mittelmeer-Raubwürger. Der in Deutschland verbreitete Raubwürger ist etwa amselgroß und hat ein grau-schwarz-weißes Gefieder. Der Großteil des Federkleides ist grau, kontrastgebende Elemente finden sich in den schwarzen Flügeln und im schwarz-weißen Schwanz. Markant ist ebenso die Gesichtsmaske, welche sich als schwarzes Band zwischen dem kräftigen Hakenschnabel und den Ohren befindet. Die Weibchen gleichen den Männchen sehr, sind aber insgesamt etwas weniger kontrastreich gefärbt. Ein leicht abweichendes Gefieder haben die verschiedenen Unterarten des Raubwürgers, die in Europa und Asien verbreitet sind. Zu verwechseln ist der Raubwürger in unseren Breiten jedoch höchstens mit dem kleineren und äußerst seltenen Schwarzstirnwürger.
Vorkommen
Er ist bei weitem kein rein europäischer Vogel: Der Nördliche Raubwürger ist in großen Teilen Eurasiens und Nordamerikas verbreitet, in letzterem Gebiet sogar bis nach Alaska. In Deutschland leben derzeit circa 2000 Brutpaare, verteilt auf alle Bundesländer mit Ausnahme Schleswig-Holsteins. Am häufigsten ist der Raubwürger in Sachsen und Niedersachsen, ihr entdeckt ihn aber auch im Nationalpark Hainich in Thüringen oder im Vogelschutzgebiet Medebacher Bucht in Nordrhein-Westfalen. Auch wenn das Vorkommen des Raubwürgers in Baden-Württemberg und anderen Gebieten Süd- und Zentraleuropas abnimmt, wird er insgesamt als kaum gefährdet eingeschätzt.
Zum Überleben braucht der Raubwürger einen lockeren Baum- und Strauchbewuchs, der zugleich eine gute Rundumsicht und einen geschützten Nestbau ermöglicht. Oft sind das Waldränder, Obstwiesen und offene Heckenlandschaften. Zum Teil bewohnt er auch Truppenübungsplätze und verlassene Tagebaugebiete. Seinen Schlafplatz sucht er sich am liebsten in Wacholderbüschen. Der Raubwürger ist vorwiegend ein Standvogel, dennoch zieht er sich im Winter in strauchreichere, teils agrarisch genutzte Gebiete zurück.
Vogelbeobachtungs-Tipps
Obwohl der Nördliche Raubwürger tagaktiv ist, macht er es Vogelbeobachtern nicht gerade einfach. Oft flieht er bereits, wenn ihr euch auf gerade einmal 200 Meter an den Würger herangetraut habt. Sein Flug ist dann bogenförmig ähnlich wie bei Spechten, bei Distanzflügen geradezu rasant. Achtet auf seinen schwarz-weißen, abgerundeten Schwanz, sein wichtigstes Erkennungsmerkmal während des Flugs.
Mit einem guten Fernglas erkennt ihr den Raubwürger in seiner Wachposition. Auf einer erhöhten Warte stößt er den so genannten Wächterpfiff aus, einen scharfen Triller als Warnung vor Feinden wie Habichten oder Eulen. Gewarnt werden müssten auch die Beutetiere des Raubwürgers: Der geschickte Jäger ernährt sich hauptsächlich von kleinen Säugern und Vögeln. Bei der Jagd nutzt er das Überraschungsmoment: Von einer erhöhten Warte aus schnellt er zur Beute hinab und erlegt sie mit einem Nackenbiss oder kräftigen Schnabelhieben. Doch der Raubwürger lebt nicht nur von der Hand in den Mund, beziehungsweise vom Flügel in den Schnabel: An nahen Sträuchern und Dornenbüschen legt sich der Raubwürger eine Vorratskammer mit erlegter Beute an. Entweder klemmt er sie zwischen Ästen ein, oder spießt sich an Dornen auf. Makaber, aber vorausschauend.