Der Galapagos-Bussard erhält von seinen Eltern ein eher zweifelhaftes Erbe: Die Lauspopulation der Familie. Das Verrückte: Genetisch entwickeln sich die Vögel und ihre Parasiten parallel. Freut euch auf den ersten Teil unserer neuen Serie Kuriose Vogelwelt!
Bussarde und ihre Läuse: Wie der Herr so’s Gescherr
An kaum einem anderen Ort der Welt kann man Evolution so gut beobachten wie auf den Galápagosinseln. Das wissen wir spätestens seit der Vater der Evolutionslehre, Charles Darwin, dort Schildkröten untersucht hat. Jetzt haben Forscher der Universität Arizona eine evolutionäre Studie auf den vulkanischen Inseln durchgeführt. Das Spannende: Es ging ihnen nicht um die Evolution einer einzigen Spezies, sondern um die gemeinsame Evolution benachbarter Arten. Für die Studie analysierte das Forschungsteam das Erbmaterial hunderter Galápagosbussarde (buteo galapageoensis) inklusive der auf ihnen lebenden Läuse (degeeriella regalis). Das überraschende Ergebnis: Die Bussarde vererben ihre Läuse.
Das Prinzip ist einfach: Die Bussarde auf den verschiedenen Inseln entwickeln sich unterschiedlich. Das war für Forscher nichts Neues, dasselbe Ergebnis hatten auch schon Untersuchungen anderer Arten auf Galápagos, unter anderem der berühmten Darwinfinken. Interessant sind die Auswirkungen auf die Parasiten der Galápagosbussarde: Spaltet sich eine Population von Bussarden geografisch und genetisch ab, so entwickelt sich auf diesen Bussarden auch eine separate Art von Parasiten. Die Lauspopulationen werden innerhalb derselben Bussardfamilie von der Mutter auf die Küken weitergegeben. Die Bussarde sind quasi die Inseln der Läuse. Forscher bezeichnen dieses Phänomen als co-divergence, also als parallele Evolution von Wirt und Parasit im gleichen Ökosystem.
Für Forscher ist das Phänomen auch deswegen interessant, weil es beleuchtet, wie sich separate Spezies entwickeln. Die enorme Artenvielfalt bei Parasiten auf Galápagos und anderswo lässt sich so erklären.
Parasiten: Wunderwerke der Evolution
Parasiten zählen nicht unbedingt zu den sympathischsten Bewohnern dieses Planeten, aber sicher zu den erfolgreichsten. Möglichst wenig ins eigene Überleben zu investieren und dafür von anderen zu stehlen mag ja moralisch verwerflich sein, evolutionär jedoch ist es überaus empfehlenswert.
Neben dem Beispiel der Galápagosbussarde vollbringen Parasiten noch ganz andere Wunder. Beinahe gruselig ist, dass sie sogar das Verhalten ihrer Wirte beeinflussen können. Zombie-artig tun die Wirtstiere dann genau das, was den Parasit am Leben hält, manchmal auf Kosten Ihres eigenen Lebens. Ameisen etwa werden von Parasiten befallen, die Sie dazu bringen, sich selbstmörderisch an der Spitze von Grashalmen festzubeißen. Dort werden Sie dann von Weidevieh gefressen – der Ameise bringt das wenig, aber der Parasit kann sich im neuen Wirt besser vermehren. Ein anderes Beispiel sind Toxoplasmen, einzellige Parasiten, die Mäuse und Ratten dazu verleiten, ihre Scheu vor Katzen zu verlieren. Für die Parasiten bedeutet der sichere Tod der Maus dann einen Freifahrschein in den Katzendarm.
Vermutlich sind auch wir Menschen nicht davon ausgenommen. Manche Wissenschaftler vermuten zum Beispiel, dass der eigentliche Zweck des Niesens die Ansteckung mit dem Krankheitserreger anderer ist. Und wer weiß, was uns vielleicht genauso anhaftet, wie die Laus dem Galápagosbussard.
Foto: © Paul Krawczuk / flickr.com (CC Lizenz)