Kuriose Vogelwelt #12: Der Blut trinkende Vampirfink
Gruselig, aber auch irgendwo absurd: Im fernen Galapagos leben kleine Vögel, die sich fast ausschließlich von Blut ernähren. Müssen wir uns vor dem Vampirfink fürchten?
Der Vampirfink und seine Untaten
Transsilvanien. Ein zerfallenes Schloss bei Einbruch der Dunkelheit. Umherirrenden Spatzen reiben sich mit Knoblauchzehen ein, denn bald wird er sich zeigen, der (Zaun)könig der Untoten, der gefürchtete Vampirfink!
Ganz so stimmt das nicht. Zum Einen sind die Vampirfinken weder untot, noch aus Transsilvanien. Tatsächlich leben sie auf den pazifischen Galapagosinseln, eine ganze Ecke von den Karpaten entfernt. Genauer gesagt treibt der Vampirfink auf der kargen Insel Wolf sein Unwesen. Auch beißt er seine Opfer nicht nach Draculas Vorbild in den Hals, sondern pickt anderen Vögeln den Ansatz der Federkiele auf, bis diese bluten. Anstatt Jungfrauen sind ihre bevorzugten Opfer die Wasservögel der Arten Blaufußtölpel und Nazcatölpel. Die Opfer wiederum tötet das weder noch macht es sie zu Vampiren, vielmehr stört die Tölpel die kleine Verletzung kaum. Ein bisschen Grusel verbreitet der Vampirfink trotzdem: Schwarmweise stürzt er sich nicht nur auf die erwachsenen Tölpel, sondern gerne auch auf deren hilflose Küken.
Die Darwinfinken von Galapagos
Einzigartig ist der Vampirfink zwar, er hat aber eine weit gefächerte Verwandtschaft. Vampirfinken bilden eine Unterart des Spitzschnabel-Grundfinks, welcher wiederum zur Gruppe der Darwinfinken gehört. Die Darwinfinken gelten als lebendes Beispiel für die Evolutionstheorie: Jede einzelne Art ist stark auf ihren spezifischen Lebensraum auf Galapagos spezialisiert. Man geht davon aus, dass der gemeinsame Vorfahre aller 14 Darwinfinken sich so stark vermehrt hat, dass Spezialisierung notwendig wurde. Gruppen von Finken passten sich nach und nach an bestimmte ökologische Nischen an. Feine Unterschiede in ihrer Schnabelform belegen das noch heute.
Der Vampirfink ist ein extremes Beispiel für diese Anpassung. Aufgrund der kargen Landschaft und des Wassermangels auf der Insel Wolf musste er sich auf eine außergewöhnliche Quelle für Flüssigkeit spezialisieren: Blut. Neben den Vampirfledermäusen bildet der Vampirfink somit die einzige Art, die sich (fast) ausschließlich vom Blut anderer Tiere ernährt. Der Vampirfink ernährt sich gelegentlich nämlich auch von Nektar, Körnern und Eiern.
Auch wenn das Gerücht im Raum steht, waren die Darwinfinken übrigens keine Inspiration für Darwins Evolutionstheorie. Bei seinen Entdeckungsreisen mit der HMS Beagle hatte Darwin zwar einige tote Finken mit nach Europa gebracht, ihre spezifische Evolution aber zunächst nicht erkannt.
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Foto: Joshua Smith (Lizenz: CC BY-SA 2.0) / flickr.com