Auf halber Strecke zwischen den Städten Hannover und Bielefeld liegt das Natur- und Vogelschutzgebiet Weseraue. Auf einer Fläche von 770 Hektar erstreckt sich hier ein ausgedehntes Feuchtgebiet, welches einer der bedeutendsten Rückzugsorte für Wat- und Wasservögel aus Nordrhein-Westfalen ist. In unserem neuen Artikel schauen wir uns die Bedeutung der Weseraue für die heimische Vogelwelt etwas genauer an und zeigen, warum sich ein Ausflug in das Naturschutzgebiet auch im Winter lohnt.
Eine Urlandschaft wird zur Kulturlandschaft
Bevor der Mensch in der Region Spuren seiner Tätigkeit hinterließ, prägten dichte Eichenmischwälder die Weseraue. Als die ersten sesshaften Bewohner das landwirtschaftliche Potential des nährstoffreichen Bodens erkannten, wurden große Teile des Waldes abgeholzt und in fruchtbare Ackerflächen umgewandelt. Im 20. Jahrhundert veränderte der intensive Kiesabbau die Landschaft weiter. Zahlreiche neue Wasserflächen entstanden und das Gebiet wurde zu einem idealen Lebensraum für Wat- und Wasservögel. Die wenigen noch vorhandenen Weißstörche in Nordrhein-Westfalen brüteten in der Region. Naturfreunde erkannten daher schnell, wie schützenswert das Gebiet um die Weseraue ist und erwarben große Teile des Geländes Ende der 1980er.
Nach dem Erwerb kam es zu einer umfangreichen Renaturierung der Weseraue. Die Ackerflächen wurden in artenreiche Wiesen und Weiden umgewandelt, neue Flutrinnen und Kleingewässer angelegt und zahlreiche Feldhecken und Kopfweiden gepflanzt. So gelang es, die Artenvielfalt der historischen Auenlandschaft in Teilen wiederherzustellen. Heute zieht das Gebiet Vogelfreunde aus der ganzen Region an, welche die abwechslungsreiche Vogelwelt ganz gemäß dem Motto des Projekts “Natur erleben, ohne zu stören” genießen können.
Vogelbeobachtung an der Weseraue
Dank der intensiven Bemühungen der Naturschützer hat die Weseraue heute eine ganzjährige Funktion für die Vogelwelt und ist sowohl Brut-, Rast-, Mauser-, als auch Überwinterungsplatz für zahlreiche heimische Vogelarten. Teilweise brüten auch in Deutschland selten gewordene Vogelarten hier, wie zum Beispiel die farbenfrohen Brandgänse. Auch Löffelenten und Flussseeschwalben können hier während der Brutzeit beobachtet werden. Mit den Nilgänsen haben selbst nicht-heimische Vögel Einzug in die Region gefunden. Besonders stolz ist der zuständige Verein über die hier wieder brütenden Weißstörche. Gab es Ende der 1990er gerade einmal noch 3 Brutpaare, leben hier inzwischen wieder 15 Weißstorch-Brutpaare im Sommer. Im Winter zieht es vor allem Wat- und Wasservögel in das Gebiet. Blässgänse könnt ihr hier zu Tausenden beobachten. Weitere im Winter hier rastende Vögel sind zum Beispiel Singschwäne, Kampfläufer und Grünschenkel. Da die Weseraue nie ganz zufriert, eignet sich das Gebiet für viele Vögel als Überwinterungsplatz. Hier können sie selbst bei äußert frostigen Wintern jeder Zeit genug Nahrung finden. Unter den dauerhaften Wintergästen sind unter anderem Gänsesäger und Schellenten.
Damit ihr die vielfältige Vogelwelt an der Weseraue beobachten könnt, ohne die Tiere zu stören, gibt es insgesamt vier verschiedene Wanderpfade. Auf einer Strecke von 2 bis 4,5 Kilometern könnt ihr so die verschiedenen Lebensräume und ihre Bewohner aus nächster Nähe kennenlernen. Zahlreiche Informationsschilder erklären spannende Fakten über die hier vorhandenen Tiere. Auch bei schlechtem Wetter müsst ihr nicht auf die Vogelbeobachtung an der Weseraue verzichten. Eigens für die Vogelbeobachtung errichtete Hütten ermöglichen es, die kleinen und großen Pieper auch bei Schnee und Regen zu bestaunen – am besten mit einem Fernglas.
Titelbild von Peggychoucair auf Pixabay