Orpheusspötter
Genau wie der Orpheus der griechischen Sagen kommt der Orpheusspötter aus dem Süden Europas. Erst seit knapp 30 Jahren brütet der unscheinbare Stimmimitator in Deutschland.
Aussehen
Äußerlich ist der Orpheusspötter nicht sonderlich auffällig. Mit nur 13 Zentimetern ist er kleiner als ein Spatz und noch unauffälliger gefärbt. Die Oberseite des Orpheusspötters ist grünbraun, die Unterseite hellgelb. Seine Beine sind kurz und bräunlich, der Schnabel lang und orangefarben. Leider lässt dieses unauffällige Aussehen zahlreiche Verwechslungen zu. Zum einen sind Männchen und Weibchen praktisch gleich gefärbt, zum anderen unterscheidet sich der Orpheusspötter kaum vom verwandten Gelbspötter. Im Südwesten Deutschlands überschneidet sich der Lebensraum beider Arten, was Verwechslungen verursacht. Eines der wenigen Unterscheidungsmerkmale sind die helleren Flügelränder beim Gelbspötter. Weitere Unterscheidungshilfen findet ihr im Birding-Forum Avesrares. Beliebt ist der Orpheusspötter übrigens trotzdem: Vogelbeobachter Jens Hering liebt nach eigener Aussage „die unscheinbaren Rohrsänger“.
Vorkommen
Obwohl er ursprünglich nur in Nordafrika und Südeuropa verbreitet war, wandert der Orpheusspötter in den letzten Jahrzehnten immer weiter nach Nordosten. Nachweislich brütet er seit 1983 in Deutschland. Angefangen hat der Rohrsänger im Saarland (im Blies- und im Saartal), danach zog er nach Rheinland-Pfalz (ins Moseltal und nach Rheinhessen) und nach Baden-Württemberg (speziell im Raum Freiburg). Vereinzelt findet man ihn in Hessen (im Raum Marburg und am Rhein) und in Nordrhein-Westfalen. Insgesamt geht man von 750 Brutpaaren in Deutschland aus. Forscher vermuten, dass der Klimawandel eine der Ursachen für den Lebensraum-Wechsel ist. Das Verhalten invasiver Arten oder Neozoen wird aber immer noch erforscht.
Als Lebensraum bevorzugt der Orpheusspötter offene und halboffene Flächen mit wenigen Bäumen, zum Beispiel Weinberge, Heide und Auwälder. Zum Überleben braucht er außerdem niedrige, dornige und dichte Sträucher wie Ginster, Rosen und Brombeeren. Höhere Lagen meidet der wärmeliebende Orpheusspötter hingegen.
Vogelbeobachtungs-Tipps
Der Orpheusspötter ist ein hingebungsvoller Sänger – soviel wird schon aus seinem Namen klar. Orpheus kennt ihr sicher aus der unglücklichen Liebesgeschichte zwischen ihm und der Nymphe Eurydike: Nach ihrem Tod kann Orpheus die Götter durch seinen Gesang bewegen, Eurydike wieder aus der Unterwelt zu entlassen; auf tragische Weise verliert er sie aber auf dem Weg nach oben. Diesen Sänger der Antike verspottet der kleine Rohrsänger nicht, vielmehr imitiert er andere Vogelarten mit seinem vielfältigen Gesang. Daher rührt der Name Spötter. Sein Gesang ähnelt dem des verwandten Sumpfrohrsängers, ist aber schneller und ratternder als dieser.
Zu hören ist der Orpheusspötter zwischen Anfang Mai und August. Danach macht sich der Imitationskünstler auf den langen Weg in sein Winterquartier südlich der Sahara. Damit wir noch besser verstehen, wo der Orpheusspötter lebt und wie er sich verbreitet, könnt ihr Sichtungen auch verschiedenen Forschungsprojekten melden.