Wenn sich eisige Temperaturen in Deutschland breitmachen und der Schnee so manche Region in ein wunderschönes Weiß taucht, haben sich heimische Zugvögel schon längst in den warmen Süden verabschiedet. Doch aufmerksame Beobachter entdecken dann nicht nur Standvögel, wie Sperlinge & Co, in der winterlichen Natur oder am Vogelhäuschen. Auch zahlreiche gefiederte Gäste aus Nordeuropa finden bei uns einen nahrungsreichen Platz zur Überwinterung.
Winterlicher Vogelzug nach Deutschland
Die Vögel haben im Laufe der Zeit unterschiedlichste Strategien entwickelt, den jahreszeitlichen Wechsel von Temperatur und Witterungsverhältnissen zu überstehen. Während unsere Region vielen Singvögeln, wie Amseln, Meisen und Sperlinge, als ganzjähriger Lebensraum dient, nutzen Zugvögel auf der Nordhalbkugel die nördlichen Regionen oft nur zur Brut. In den Wintermonaten ziehen sie südwärts in wärmere Gebiete.
Das gilt jedoch nicht nur für unsere heimischen Brutvögel, wie Trauerschnäpper, Storch, Mauersegler und Schwalben. Auch zahlreiche Vogelarten aus den kälteren Regionen Nordeuropas und Sibiriens begeben sich im Frühjahr und Herbst auf den Weg in den Süden – und überwintern in den vergleichsweise milden Regionen Deutschlands.
Großes Nahrungsangebot für die Wintergäste
Der Grund: Die Lebensräume im Norden bieten im Sommer für wenige Monate eine ungestörte Weite mit einem reichen Nahrungsangebot. Im Rest des Jahres verwandeln sie sich in eine karge, lebensfeindliche Welt, in der die Vögel nur schlecht oder gar nicht überleben können. In unseren Siedlungsräumen und in den Küstengebieten des Wattenmeeres finden viele der Zugvögel dagegen reichlich Nahrung. Und die milden Wintertemperaturen in Deutschland sind für Vögel aus Skandinavien, Grönland oder Sibirien eine Erleichterung.
Die beliebtesten Wintergäste
Doch welche Wintervögel kommen aus dem Norden zu uns? Wir stellen euch einige der bekanntesten Vogelarten vor, die ihr mit großer Wahrscheinlichkeit bei einem Spaziergang in der Natur, im winterlichen Garten oder am Vogelhäuschen beobachten könnt:
Seidenschwanz – der Hingucker unter den Wintergästen
Der Seidenschwanz ist ein echter Hingucker unter den Wintergästen in Deutschland: Mit seinem seidig-weich anmutenden rostgrau-braunen Gefieder und der spitz nach hinten verlaufenden Federhaube fällt er schnell ins Auge. Beide Geschlechter unterscheiden sich nicht in ihrem Aussehen.
Seine Brutgebiete liegen in den nördlichen Wäldern Skandinaviens und Russlands. In unterschiedlicher Regelmäßigkeit ist er bei uns als Wintergast anzutreffen. In Norddeutschland ist er fast jedes Jahr zu beobachten; im Süden kann er auch einige Jahre hintereinander ausbleiben. Ihr findet ihn dann vorzugsweise in Wäldern, Gärten, Parklandschaften, Friedhöfen oder Stadtrandgebieten.
Bergfink – Wintergast am Vogelhäuschen
Bergfinken sind während der warmen Jahreszeiten in skandinavischen Wäldern zuhause, wo sie vor allem auf Birken und in Nadelwäldern nisten. In unseren Regionen halten sich vorzugsweise von Oktober bis April auf. Beobachten könnt ihr sie dann in Buchenwäldern, Parks, Gärten und in der freien Feldlandschaft.
In der freien Natur fressen Bergfinken vor allem Bucheckern und Knospen. Im Winter lohnt es sich auch, sie mit verschiedenen Sämereien zu füttern. So könnt ihr sie leicht zu euren Vogelhäuser locken und sie ausgiebig beobachten.
Wacholderdrossel – Wintergast mit Beerenfaible
Die Wacholderdrossel kommt häufig ab Oktober aus Skandinavien und Nordosteuropa zu uns und überwintert bis März in Mittel- und Südwesteuropa. Während sie in ihren nördlichen Brutgebieten meist an Waldrändern und in Gehölzen zu finden sind, könnt ihr sie bei uns vor allem im offenen Gelände, auf Feldern und in Hecken beobachten.
Wacholderdrosseln ernähren sich vor allem von Beeren und Früchten. In Gärten fallen sie auch schon mal über die letzten Beeren an Wildsträuchern. Aber auch Fallobst dient häufig als Nahrungsquelle.
Rotdrossel – der seltene Wintergast
Die Rotdrossel ist ein eher seltener Wintergast, der sich von Oktober bis April auch in Mitteleuropa aufhält. Oft zieht die Rotdrossel jedoch noch weiter in den Süden Europas. Ihre Brutregionen sind Island, Schottland, Skandinavien und Sibirien, wo sie in offenen Wäldern und Sümpfen auf Baumstümpfen, Bäumen, in Büschen oder auf dem Boden nistet.
Bei uns könnt ihr Rotdrosseln am ehesten in Parks, auf Wiesen, an Waldrändern und in lichten Wald- und Buschlandschaften beobachten. Sie frisst vor allem Beeren und Kleintiere, die sie auch in die Nähe von Menschen lockt.
Weißwangengans – Wintergast an deutschen Küsten
Weißwangengänse überwintern – wie viele ziehenden Gänsearten – häufig an den deutschen Küsten. Sie kommen aus Spitzbergen, Grönland, skandinavischen Regionen und der russischen Nordküste, wo sie zunehmend an schwer zugänglichen Klippen und Felsen brüht.
Typisch für Weißwangengänse, die auch Nonnengänse genannt werden, sind ihre V-förmige Zugformation und die markanten Schreie, die weithin nicht zu überhören sind. Neben der Nordseeküste findet ihr die Weißwangengänse auch entlang großer Flüsse und im Binnenland, wo sie auf Wiesen, Weiden und Äcker ihre winterlichen Ruheplätze aufschlagen.
Titelfoto von Leonid Ikan auf iStock