Gäbe es den Menschen nicht, wäre Mitteleuropa bis auf wenige Ausnahmen mit Wald bewachsen. Durch unseren Einfluss sind allerdings weite Teile des natürlichen Mischwaldes verschwunden. An ihre Stelle traten Äcker und Wiesen, Fichten- oder Kiefernmonokulturen und natürlich Städte und Siedlungen. Aber glücklicherweise kann der Mensch auch nicht vollständig ohne die Natur leben und erschafft seit jeher kleine Paradiese, die auch der Vogelwelt zugute kommen: Gärten.
Die Liebe zum Garten
Schon die ersten sesshaften Menschen grenzten ihre selbst angebauten Feldfrüchte ein, um sie gegen große Pflanzenfresser zu schützen: Die Urform des Gartens war geboren. Seitdem sind Gärten ein fester Bestandteil der menschlichen Kultur und längst mehr als bloße Nahrungslieferanten. Im Alten Ägypten waren die Pyramiden, Gräber und Tempel von üppigen Gärten umgeben. Die Hängenden Gärten von Babylon gehören zu den sieben Weltwundern der Antike. Mit der Renaissance und dem Barock entstand die Idee des Gartens als Kunstwerk und Persönlichkeiten wie Peter Joseph Lenné konnten ihre Visionen umsetzen. Neben beeindruckenden Landschaftsgärten und romantischen Parks gibt es heute noch eine weitere populäre Gartenform: den Klein- beziehungsweise Hausgarten. Solche Flächen nehmen in Deutschland etwa 970.000 Hektar ein. Gerade im Fall von Schrebergärten dienen sie oft noch dem Anbau von Lebensmitteln, aber auch der Erholung.
Der Garten als Waldersatz
Obwohl Gärten nun wirklich kein natürlich entstandener Lebensraum sind, beherbergen sie eine ganze Menge Vogelarten. Das hat unter anderem mit dem „Waldrandeffekt“ zu tun. Im Randbereich von Wäldern findet sich meist die höchste Dichte an Tierarten, denn hier treffen unterschiedliche Lebensräume aufeinander. In einem vogelfreundlichen Garten ist es ähnlich: Alte Bäume stehen direkt neben Gehölzen und Wiesen, es gibt verschiedenste Pflanzenarten und oft noch ein kleines Gewässer. So kommt es, dass zum Beispiel die Amsel, die eigentlich eine typische Waldbewohnerin ist, heute öfter in Gärten vorkommt. Auch andere Waldvogelarten wie Meise, Mönchsgrasmücke oder Singdrossel leben gemeinsam mit Star und Sperling in großer Zahl in unseren Gärten. Auch der Gartenrotschwanz ist (trotz seines Namens) eigentlich ein Vogel der lockeren Wälder und Streuobstwiesen. Sobald ein Garten aber alte Bäume enthält und eher naturnah gestaltet ist, kann er ihn offensichtlich genau so gut nutzen.
Was macht einen Garten vogelfreundlich?
Überhaupt, die Bäume: Sie sind für einen vogelfreundlichen Garten von entschiedener Bedeutung. Sie bieten oft ein reiches Buffet aus Insekten und deren Larven oder Raupen – von Brutplätzen ganz zu schweigen. Gehölze wiederum sind Nistplatz, Versteck und Sammelpunkt in einem. Pflanzen dienen selbst als Nahrung oder machen ein breites Insektenangebot möglich. Hier ist es allerdings sehr wichtig, zu heimischen Arten zu greifen, da hochgezüchtete Gartenpflanzen oft nutzlos für die Tierwelt sind. Beispiel Schafgarbe: Die heimische Wiesenschafgarbe ernährt 26 Bienenarten, während die Gartenform Gold-Schafgarbe nur drei Arten anlocken kann. Selbst eine Wiese kann für Vögel wie Amseln oder Stare zur Nahrungsfläche werden, wenn sie nicht mit Pestiziden behandelt wurde. Überhaupt sind Chemikalien keine Option, wenn sich im Garten eine gesunde Tierwelt entfalten soll.