Deutschlands Städte und Gemeinden haben – bei allen Unterschieden – eine Gemeinsamkeit: Kirchtürme prägen ihr Erscheinungsbild. Das freut Touristen aus dem In- und Ausland sowie zahlreiche Vogelarten, die dort brüten. Um den „Lebensraum Kirchturm“ zu erhalten, hat der NABU schon vor einigen Jahren eine gleichnamige Aktion gestartet. Die Bilanz kann sich sehen lassen.
Groß und klein – die Kirchturmbewohner
Es sind gewissermaßen die „üblichen Verdächtigen“, die in Kirchtürmen die Heimat ihrer Wahl finden: Vögel, die sonst in Bäumen oder Höhlen nisten würden, die hoch gelegene Brutplätze bevorzugen. Ein Kandidat verdankt dieser Eigenschaft sogar seinen Namen: Der Turmfalke. Der Vogel des Jahres 2007 (als die Aktion „Lebensraum Kirchturm“ entstand) bleibt in der Regel ein Leben lang in seinem Brut- und Jagdgebiet, sobald er einen Partner gefunden hat. Wird einmal ein Paar in einem Kirchturm entdeckt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es auch im nächsten Jahr wieder dort brüten wird. Bereits im Spätwinter bezieht der Turmfalke sein Nest, bis die Jungen spätestens im Juli flügge werden.
Zu den prominenteren Kirchturmbewohnern zählen außerdem die Schleiereule, der Weißstorch, die Dohle und der Haussperling. Aber auch Mehlschwalbe, Mauersegler und Hausrotschwanz wissen die Vorzüge der Kirchtürme zu schätzen. In Aussehen, Verhalten und Brutzeit unterscheiden sich diese Arten zum Teil erheblich. Auch für Vogelbeobachter ist der Kirchturm damit wertvoll. Dabei sollte uns jedoch immer bewusst sein: All diese Vögel leben heutzutage fast ausschließlich in menschlichen Siedlungen, sind folglich besonders abhängig von uns. Bieten wir ihnen keine Nistplätze, haben sie es schwer.
Problem und Lösung
Und Wohnraum wird knapp. Nicht nur für Menschen in Großstädten. Gewissermaßen findet Gentrifizierung auch bei Vögeln statt. Kirchtürme und Häuserfassaden werden saniert. Dabei werden Fassaden abgeflacht, Schlupflöcher geschlossen, Gitter installiert. Meistens wollen sich Hausbesitzer nur gegen massiven Taubenbefall schützen, sie zerstören damit aber auch wichtigen Lebensraum für andere Arten.
Dabei ist es gar nicht so schwer, einen Kirchturm vogelgerecht zu halten. Der NABU führt dazu ein paar geeignete Maßnahmen auf. Oft reicht es schon, sich zu informieren, welche Bedingungen die ansässige Vogelart benötigt. Auch Nistkästen lassen sich mit überschaubarem Aufwand anfertigen. Anleitungen dazu gibt es beim NABU oder direkt bei uns. Als Anerkennung erhalten die Kirchen eine Plakette der Umweltorganisation, die sie an der Außenwand anbringen und somit den Besuchern zeigen können, dass der Gemeinde Naturschutz am Herzen liegt.
828 Kirchen tragen mittlerweile dieses Gütesiegel, die meisten davon in Baden-Württemberg und Niedersachsen. Ein ordentlicher Wert, denn jeder Kirchturm zählt. Bei über 40.000 Kirchen in ganz Deutschland gilt es allerdings noch jede Menge potenziellen Lebensraum zu schützen. Vögel und Vogelbeobachter werden es danken.