Wilde Tiere in Deutschland? Klingt doch irgendwie unglaubwürdig. Der Journalist Ralf Stork hat es auf einen Versuch ankommen lassen und in ganz Deutschland Tiere aufgestöbert, die Elefanten und Tigern in nichts nachstehen. Das Ergebnis ist ein Reiseführer für Tierfreunde.
Allgemeines zu Buch und Autor
Eigentlich hatte er einmal Tierfilmer werden wollen. Doch anstatt eines David Attenborough oder eines Bernhard Grzimek wurde aus Ralf Stork ein Journalist. Jetzt hat er seine frühe Leidenschaft in seinem ersten Buch umgesetzt. Deutschlandsafari: 15 Reisen zu wilden Tieren heißt der bei Haffmans & Tolkemitt erschienene Bildband und beschreibt auf 260 Seiten Exkursionen zu Deutschlands hauseigenen Safaritieren. Für die Recherche ist Stork, Jahrgang 1973, mit Frau und Kind durch ganz Deutschland gereist. Zwischen Nordsee und Allgäu, Havel und Münsterland hat er gewartet, beobachtet und fotografiert. Und er wird nicht enttäuscht: Mammute, Riesenhirsche und Säbelzahntiger mag der Mensch ausgerottet haben, aber auch jetzt noch hat die deutsche Wildnis dem Beobachter einiges zu bieten. Mitreißend berichtet Ralf Stork von der gewaltigen Brunft der Rothirsche in Mecklenburg-Vorpommern, der Geburt eines Robbenbabys auf Helgoland und nicht zuletzt auch von seinen Begegnungen mit vielen Vögeln.
Vogelbeobachtungen in Deutschlandsafari
Ihr als Vogelbeobachter wisst: Auf Beobachtungszügen muss man eine Menge Geduld mitbringen. Das und viel mehr musste Ralf Stork auf seinen Streifzügen erst noch lernen. Das Tolle an Deutschlandsafari ist, wie authentisch Stork die Erfahrung der Tierbeobachtung vermittelt. Die Aufregung, das lange Warten, die Frustration, die Euphorie einer Sichtung, das Fachsimpeln mit Profis und Einheimischen – all das ist Teil dieses Buchs. Und das ist auch gut so.
Seine erste Safaritour führt Stork und Familie auf eine Nordsee-Hallig, von denen wir vor kurzem berichteten. Bei ihm geht die Reise aber nicht nach Norderoog, sondern auf die Hallig Hooge, wo er nach Ringelgänsen Ausschau hält. Seinen Reiseberichten folgen im Buch jeweils ein Steckbrief mit den Erkennungsmerkmalen der Tierart und praktische Informationen zu Reisezeit und Anfahrt. Im Steckbrief beschreibt er neben den Merkmalen auch Verhalten und Herkunft des jeweiligen Tieres, erwähnt kuriose Fakten und beschreibt – ganz nach guter Tierschützermanier – die zukünftigen Überlebenschancen der Art. Gut gefällt uns auch, dass in Deutschlandsafari immer Hinweise auf die gesamte Tierwelt einer Region fallen. So muss keiner enttäuscht sein, der die beschriebene Tierart einmal nicht entdeckt. Auf den folgenden Touren kommen Stork noch zahlreiche Vogelarten zu Gesicht: An der deutsch-dänischen Grenze beobachtet er atemberaubende Starschwärme, im brandenburgischen Rühstädt sieht er Weißstörchen beim Brüten zu, bei Groß-Mohdorf und Linum betrachtet er majestätische Kraniche aus nächster Nähe und in einem Wiesbadener Park entdeckt er exotische Halsbandsittiche. Sogar eine besondere Seltenheit kommt vor: Im Havelländischen Luch beobachtet er die Balz der von Aussterben bedrohten Großtrappen, welche in Deutschland nur noch in drei Gebieten überhaupt auftauchen. Die letzte seiner Vogelbeobachtungen ist vielleicht die spektakulärste: Stork führt den Leser zu den Flamingos im Zwillbrocker Venn an der holländischen Grenze. Aus der Sicht des ersten dort ansässigen Flamingos, vermutlich eines Gefangenschaftsflüchtlings, schildert er die Ankunft der Flamingos im Münsterland: „Er sah sich in Ruhe um und begriff langsam, was für ein unglaublicher Glückspilz er war. Er hatte wahrscheinlich den einzigen Ort im Norden gefunden, an dem Flamingos überleben können.“
Gelungene Mischung aus Reiseführer und Reisetagebuch
Die oben zitierte Passage ist typisch für den abwechslungsreiche Stil von Deutschlandsafari. In seinen Berichten vermischt Autor Ralf Stork Fakten über die beobachtete Vogelart mit Eindrücken von der Umgebung, den Menschen und den Tieren. Ein waschechter Vogelbeobachter also, weder zu tief in der Theorie versunken noch ein romantisch verbrämter Himmelsgucker. Deutschlandsafari enthält nicht nur Lexikonwissen über Tierarten, sondern auch, wie man sie findet, ob man sie erkennt, und wie sie auf Menschen reagieren. Dass es zum Teil sehr persönlich geschrieben ist, macht das Buch auch authentisch und unterhaltsam.
Hervorragend für den Praxiseinsatz als Reiseführer ist das übersichtliche Layout inklusive Übersichtskarten, einprägsamer Symbole und zahlreicher Fotografien. In der Rubrik „Auf Safari“ sind wichtige Infos zur Anfahrt mit Auto und Bahn, Reisezeit und Unterkunft gelistet. Sogar die Verpflegung vor Ort wird bewertet. Daneben wird auf nützliche Webseiten zu den jeweiligen Zielen hingewiesen.
Sicher werden erfahrene Vogelbeobachter zumindest einige der vorgeschlagenen Ziele schon kennen, trotzdem macht das Buch Lust auf Entdeckungs- und Beobachtungstouren durch ganz Deutschland. Vielleicht das Beste am Buch: Deutschlandsafari vermittelt glaubhaft, dass eigentlich jeder Vogelbeobachter sein kann. Und das überall: Selbst ein Familientreffen mit den Eltern bietet dazu Gelegenheit.
Deutschlandsafari findet ihr im Buchladen oder bei den einschlägigen Versandhäusern. Bestellen könnt ihr es unter der ISBN 978-3942989756. Im Kauf enthalten ist die Erlaubnis zum einmaligen Herunterladen des Textes als E-Book.