Im sächsischen Limbach-Oberfrohna bedrohen ausgesetzte Schmuck-Schildkröten die heimischen Wasservögel. Wie die langsamen Räuber vorgehen und woher sie kommen, erfahrt ihr hier.
Eierdiebe an den Limbacher Teichen
Tatort: Großer Teich, Limbach-Oberfrohna. Im Naturschutzgebiet „Limbacher Teiche“ südlich der sächsischen Kreisstadt treibt sich ein Unhold herum: Elf von zwölf Nestern der heimischen Haubentaucher wurden zerstört, die Eier gefressen. Muss man nun um die anderen Arten des Naturschutzgebiets bei Chemnitz bangen, um die Neuntöter, Lachmöwen, Schwarzhalstaucher und Weißstörche? Und wie steht es erst um seltene Arten wie Wachtelkönig, Rotmilan und Eisvogel? Nicht zu vergessen die Amphibien und Libellen, welche in dem Feuchtgebiet so gut gedeihen? Doch da ist schon der erste Hinweis auf den Täter: Feuchtgebiet. Feuchtgebiet – Sumpf – Sumpfschildkröte! Aber Moment, werdet ihr sagen, leben die nicht eigentlich eher in amerikanischen Sümpfen? Schon, aber in Limbach-Oberfrohna fühlen sich Gelbbauch- und Rotwangen-Schmuckschildkröte auch ganz wohl.
Ornithologe Jens Hering bei der Arbeit
Um gegen die zugereisten Reptilien vorzugehen, untersucht ein Team von Naturschützern rund um den Ornithologen Jens Hering nun die Lage der Limbacher Teiche. Hering, den wir erst vor kurzem für Vogel & Natur interviewt haben, hat die Vermehrung der Schildkröten in dem 245 Hektar großen Vogelschutzgebiet in den letzten Jahren beobachtet. Bei abgelassenem Wasser will er nun die Schildkröten ausfindig machen. Dazu wird das Wasser des Großen Teiches angestaut, sodass der Teichboden untersucht werden kann. Außerdem kann man so einige Wartungsarbeiten am Gelände durchführen.
Schildkröten als Vogelfeinde
Die Schildkröten in den Limbacher Teichen sind vermutlich für Terrarien gekauft und dann freigelassen worden, so vermutet Jens Hering. Leider passiert das relativ häufig, wenn die ehemals winzigen Tiere ihre volle Größe von dreißig Zentimetern erreichen. So haben sich Schmuckschildkröten schon an vielen deutschen Gewässern angesiedelt. Zwar überleben nicht alle den Winter und auch die Vermehrung funktioniert nur mäßig, dennoch konnten sich in einigen Gebieten schon kleine Gruppen von Schildkröten dauerhaft ansiedeln. Abgesehen von der einheimischen – aber stark bedrohten – Europäischen Sumpfschildkröte sind die Schmuckschildkröten somit die einzigen Schildkröten in Deutschland. Und Eier einheimischer Wasservögel sind für sie leider eine willkommene Nahrungsquelle.
Unter anderem deswegen sind die beiden amerikanischen Schildkrötenarten in der EU-Artenschutzverordnung als störend gelistet, seit 1997 ist ihre Einfuhr verboten. Trotzdem solltet ihr euch in Erinnerung rufen, dass nicht alle eingewanderten Arten (Neozoen) gefährlich sind, denkt zum Beispiel an die Flamingos im Münsterland. Außerdem sollte erwähnt werden, dass auch andere Arten den Wasservögeln an den Limbacher Teichen gefährlich werden: Waschbär, Mink und Hund sowie manche Raubfische wie Hecht oder Zander sind nicht weniger störend. Um den Bestand der einheimischen Wasservögel zu schützen, müssen wir daher sowohl auf alte als auch auf neue Feinde achten.
>> Bei einem Besuch in Limbach-Oberfrohna lohnen sich der Naturlehrpfad rund um den Großen See und der Tierpark Limbach-Oberfrohna. Für Besucher des Feuchtgebiets sind Gummistiefel zu empfehlen.
>> Auffangstationen für Wasserschildkröten in ganz Deutschland sind auf www.zierschildkroete.de gelistet
Foto: Ton Haex (Lizenz: CC BY-SA 2.0) / flickr.com