Wer durch eine große Stadt spaziert, dem fallen die kleinen grauen Vögel, die überall herumtrippeln, vielleicht gar nicht mehr auf. Andere Menschen haben den Stadttauben allerdings den Krieg erklärt – zu Unrecht, denn die Tiere sind weniger problematisch, als sie dargestellt werden.
Mensch und Taube – Eine lange Geschichte
Auch wenn es heute immer mehr in Vergessenheit gerät, werden Menschen und Tauben durch eine lange gemeinsame Geschichte verbunden. Schon 2600 vor Christus (!) wurden an Wachtürmen Botentauben eingesetzt, noch bis vor wenigen Jahren gab es bei der Schweizer Armee eine Brieftaubeneinheit. Neben ihrer Fähigkeit, immer wieder nach Hause zu finden, schätzte man an Tauben auch ihren Status als Delikatesse, in Wien wurden Ende des 17. Jahrhunderts etwa 750.000 Tauben verspeist.
Unsere heutigen Stadttauben werden allerdings eher nicht als Nahrungsmittel angesehen, vielmehr als Plage, da sie sich so schnell vermehren und vor allem die großen Städte bevölkern. Sie stammen von verschiedenen Fels-, Haus- und Reisetauben ab und sind perfekt an ein Leben in unmittelbarer Nähe des Menschen angepasst. Nach dem Zweiten Weltkrieg konnten sie sich in Ruinenstädten ansiedeln, die ihnen genug Unterschlupf boten und profitierten vom explodierenden Wohlstand. Heute leben schätzungsweise etwa 500 Millionen Tauben weltweit in den Städten. Der Schaden, den sie dort anrichten, ist zwar vergleichsweise überschaubar, aber auch den Vögeln selbst tut eine Überpopulation nicht gut. Allerdings zielen viele Maßnahmen gegen Tauben nicht darauf ab, dass es den Tieren besser geht, sondern schlicht auf eine Dezimierung des Bestandes. Gegenüber Stadttauben sinken die menschlichen Hemmungen leider immer mehr, sie werden als „Ratten der Lüfte“ bezeichnet und oft ignoriert oder gar getreten und geschlagen.
Besser als ihr Ruf
Die negativen Auswirkungen von Taubenschwärmen auf Städte beziehen sich vor allem auf Gebäude und Fassaden. Der Taubenkot bietet Pilzen einen Nährboden, welche mit ihren Säuren die Bausubstanz schädigen können. In München rechnet man mit etwa 480 Tonnen Kot jährlich, ihn von Gebäuden zu entfernen ist leider recht aufwendig und teuer. Mit Netzen, Spikes, Nadeln und anderen Mitteln der Abschreckung wird versucht, Fassaden zu schützen.
Auch wenn sich dieses Vorurteil hartnäckig behauptet, sind Stadttauben keine gefährlichen Krankheitserreger. Sie können zwar beispielsweise mit Salmonellose infiziert sein, aber bisher konnte nicht nachgewiesen werden, dass sich ein Mensch Salmonellen von Tauben geholt habe – Lebensmittel sind hier das viel größere Risiko. Auch Ornithose und Geflügeltuberkulose können auftreten, aber auch damit stecken sich Menschen selten bei Tauben an. Überträger ist meist der zu Staub zerfallene Kot der Vögel, der eingeatmet wird.
Hilfe für Stadttauben
Möglich, dass Tauben nicht die schönsten Vögel sind und auch nicht mit lieblichem Gesang punkten, aber ihre Überpopulation ist vor allem darauf zurückzuführen, dass wir Menschen in immer größeren Städten leben und immer verschwenderischer mit unseren Nahrungsmitteln umgehen. Manche Reaktionen auf die „Taubenplage“ sind einfach unmenschlich und grausam. Von der Taubenfalle bis hin zu Giftködern und gezieltem Bejagen wird im Grunde alles angewandt und manchmal scheint es, als wäre ihre offenkundige Brutalität für die Durchführer sogar etwas, worauf sie stolz sind. Aber wir Menschen können nicht einfach einen Bestand unschuldiger Tiere auslöschen, für dessen Wachstum wir letztendlich selbst verantwortlich sind. Die Tauben tun nichts in böser Absicht.
Daher gibt es bereits in vielen deutschen Städten Initiativen, die sich für einen vernünftigen und friedlichen Umgang mit den Tieren einsetzen und zeigen, dass es auch anders geht. So gibt es unter anderem in Düsseldorf eigens angelegte Taubenschläge, wo die Tiere betreut und ihre Eier teilweise durch Gipseier ersetzt werden, um den Bestand kontrollieren zu können. Auch in Frankfurt und Aachen gibt es Stadttaubenprojekte, und manchmal inspirieren Tauben auch zur kleinen Rebellion oder gleich zu einer ganzen Doktorarbeit.
Foto: David Slater ( Lizenz: CC-BY 2.0)