Vögel und Lärm: Wenn die Stadt übertönt werden muss
Vögel und Lärm ergeben keine gute Kombination. Unsere gefiederten Mitbewohner müssen teilweise zu drastischen Maßnahmen greifen, um sich gegen den Krach der Städte zu behaupten.
Wenn der Nachbar schon morgens die Bohrmaschine anschmeißt, die Grundschulklasse in der Straßenbahn durcheinander plappert oder eine Sirene nach der anderen losheult, reagieren wir eigentlich immer gleich: gestresst. Die meisten Menschen mögen keinen Lärm, aber sie sind durchaus fähig, ihn auszuhalten. Andernfalls gäbe es Großstädte, wie wir sie kennen, wahrscheinlich gar nicht. Während Menschen also freiwillig in laute Gegenden ziehen oder dort wohnen bleiben, können Vögel sich das nur bedingt aussuchen.
Vögel und Lärm: Hörst du mich?
Vögel kommunizieren auf verschiedene Arten miteinander, wobei Rufen und Singen einen wichtigen Stellenwert haben. In Nordamerika beispielsweise stoßen Indianermeisen einen Warnruf aus, wenn sie sich bedroht fühlen. Auf diesen Ruf reagieren dann auch andere Arten, zum Beispiel der Rotkardinal. Er wird dann ganz still und sucht seine Umgebung nach Feinden ab. Forscher fanden heraus, dass die Rotkardinale in lauten Umgebungen nicht auf die Meisenrufe reagieren. In ruhigeren Gebieten zeigten immerhin 15 von 19 Tieren die gewünschte Reaktion. Es ist möglich, dass der Straßenlärm die Warnrufe übertönt oder die Rotkardinale zu sehr ablenkt. Auf jeden Fall stellt er eine Gefährdung dar, denn wenn sich wirklich ein Raubtier anschleicht und die Vögel den Warnruf nicht hören, kann sie das das Leben kosten.
Vögel und Lärm: Dann eben lauter!
Natürlich rufen Vögel nicht nur, um andere zu warnen. Die akustischen Signale sind auch zur Revierabgrenzung, für die Partnersuche und für den Kontakt zwischen Eltern und Jungvögeln wichtig. Vögel, die nicht in ruhigere Gebiete ausweichen konnten, haben eine beunruhigende Strategie entwickelt: Sie singen immer lauter. Singvögel in Berlin schmettern ihre Lieder mittlerweile bis zu 14 Dezibel lauter als ihre Verwandten in den umliegenden Wäldern. Nachtigallen orientieren sich am Geräuschpegel ihrer Umwelt und passen die Lautstärke ihres Gesangs an. Das bedeutet eine große Belastung für den zarten Vogelkörper.
Wenn sich die Stadtvögel weiter so rasant an den Lärmpegel anpassen, könnten langfristig sogar neue Arten entstehen. Diese würden sich im schlimmsten Fall nicht mehr mit den Vögeln vom Land verständigen können.
Vögel und Lärm: Auswirkungen auf den Nachwuchs
Das San-Juan-Becken in New Mexico ist eine Wüste und gilt daher gemeinhin als stiller Ort. Dort brüten die hübschen Blaukehl-Hüttensänger. Allerdings wird in der Region seit einiger Zeit Öl und Gas gefördert, was unter anderem eine starke Lärmbelastung bedeutet. Forscher der California Polytechnic State University fanden heraus, dass der Krach vor allem die Jungtiere beeinträchtigt. Schlüpfen sie in der Nähe eines Bohrplatzes oder Kompressors, sind es weniger Küken als in ruhigen Gebieten. Außerdem entwickeln sie sich nicht so gut und sind kleiner. Ähnliches konnte man schon bei Zebrafinken beobachten. Während die Altvögel nicht so sehr unter dem Lärm zu leiden schienen, kamen die Jungvögel kleiner als normal zur Welt und alterten sogar schneller.