Nilgans – Kontroverse Kämpferin
Viele Vogelarten in Deutschland sind nicht ursprünglich hier heimisch: Manche so exotisch wie der Flamingo, andere so gewöhnlich wie der Fasan. Auch die afrikanische Nilgans hat in den letzten Jahrzehnten Europa für sich entdeckt. Ihre Ausbreitung wird kontrovers diskutiert.
Aussehen
Wegen ihres bunten Gefieders wird die Nilgans schon seit dem Altertum als Ziervogel gehalten. Markant ist der dunkle Augenfleck, welcher der Nilgans ein leicht wütendes Aussehen verleiht. Auffällig sind zudem die langen Beine. Neben dem beigen Grundton ist die Nilgans sehr farbenfroh: der Schnabel rot, Augenfleck und Halskrause rostbraun, andere Teile ihres Gefieders dunkelbraun, weiß und smaragdgrün. Doch die kräftige Gans sollte in Europa kein reines Ziergeflügel bleiben: Schon im 18. Jahrhundert entwickelte sich die erste Nilgans-Population aus Gefangenschaftsflüchtlingen.
Vorkommen
Wie ihr Name andeutet, ist die Nilgans ursprünglich an afrikanischen Gewässern heimisch. Sie besiedelt dort praktisch den gesamten Kontinent abgesehen von den extremen Trockengebieten. In Europa hingegen sind die Nachkommen der früheren Ziervögel mittlerweile stark verbreitet. Seit den 1970ern wächst der Bestand der europäischen Nilgans rasant. Entlang des Rheins breitet sie sich nach Norddeutschland aus und produziert dabei fleißig Junge. Da sie bei der Brutplatz-Wahl sehr flexibel ist und in Deutschland keine natürlichen Feinde hat, zählt sie hierzulande zu den erfolgreichen eingewanderten Arten (Neozoen). Für die nächsten Jahre erwarten Naturforscher die flächendeckende Ausbreitung der Nilgans in ganz Deutschland.
Als Lebensraum wählt die Nilgans gewässernahe Gebiete mit großen Grasflächen. Beim Nestbau ist sie nicht wählerisch: Sowohl Bäume, Röhricht, Höhlen oder Felsen dienen ihr als Brutplatz. Bisher konnte sie sich hauptsächlich in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Hessen ausbreiten, doch auch in anderen Bundesländern wurde die Nilgans schon gesichtet.
Vogelbeobachtungs-Tipps
Beobachten könnt ihr die Nilgans am besten an Gewässern und beim Grasen auf Wiesen und abgeernteten Feldern. Ob die Nilgans allerdings wirklich, wie manche behaupten, große Schäden für die Landwirtschaft verursacht, muss noch geprüft werden. Doch ihre Auswirkung auf die Landwirtschaft ist nur eines von vielen Vorturteilen gegenüber der Nilgans. Man wirft ihr vor, unsere Parks zu verkoten, andere Wasservögel zu vertreiben und durch aggressives Verhalten zu bedrohen. All das stimmt nur zum Teil: Nilgänse belasten zwar Parks und Seen wirklich mit ihren Ausscheidungen, dasselbe gilt aber auch für die einheimischen Graugänse. Das aggressive Revierverhalten der Nilgans ist nachgewiesen: Je nach Beschaffenheit des Lebensraums duldet sie keine anderen Enten oder Gänse in ihrer Nähe. Anders als in ihrer afrikanischen Heimat sind ihr in Europa die meisten anderen Wasservögel unterlegen. Zudem beschränkt sich ihre aggressive Paarungszeit in Europa nicht nur auf die Phase März bis Mai, sondern kann aufgrund des milden Klimas auch später im Jahr stattfinden. Inwieweit die Nilgans einheimische Arten bedroht, muss allerdings noch endgültig geprüft werden, bevor weitere Maßnahmen ergriffen werden.
Eins jedoch ist sicher: Es gibt keinen Grund, die Probleme mit der eingewanderten Nilgans auf die aktuelle Einwandererproblematik in Europa zu beziehen, wie es in der deutschen Presse teils der Fall ist. Zwischen beiden Phänomenen sollte man streng unterscheiden. Wanderungen finden in der Natur ständig statt. Dass die Nilgans hierzulande aggressiv gegenüber den einheimischen Arten vorgeht, ist nicht auf ihre Bösartigkeit zurückzuführen, sondern auf den Überlebenstrieb, der allen Tieren angeboren ist. Bei Menschen kann derartiges Verhalten nicht auftreten: Wir gehören alle zur gleichen Art.
>> Viele Menschen füttern Wasservögel in Parks. Was sagen Vogelschützer dazu? Mehr in unserem Blogartikel zum Thema Vogelfütterung in der Stadt.
Foto: Derek Keats (Lizenz: CC BY 2.0) / flickr.com