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Allgemein Vogelwelt

Mythos auf langen Beinen: Der Weißstorch

Mythos auf langen Beinen: Der Weißstorch

 

Den Weißstorch betrachten wir meist nicht nur als Vogel, sondern auch als Kinderbringer, Frühlingsboten und vieles mehr. Doch wie kam der große Vogel zu all diesen Titeln?

Wir Menschen haben uns seit der Antike extrem verändert, innerlich wie äußerlich. Neues Wissen brachte uns auch neue Gedanken, neue Lebensstile, modernere Kleidung. Würden sich ein antiker Grieche und ein Steuerberater von heute begegnen, fänden sie das wohl ungeheuerlich und könnten einander auch nicht verstehen. Der Weißstorch dagegen scheint seit der Antike derselbe geblieben zu sein.

Von Seelenvögeln und Elternliebe

Schon damals lebten Störche in der Nähe der Menschen und beflügelten deren Phantasie. Der ägyptische Pharao Cha-Ba (um 2670 v. Chr.) trug den Seelenvogel „Ba“ in seinem Namen. Das Hieroglyphenzeichen dieses göttlichen Vogels zeigte einen Storch.

Für die Ägypter war es eindeutig, dass junge Störche sich um ihre älter werdenden Eltern kümmerten, ihnen Futter brachten und sie sogar durch die Luft trugen. Die Griechen griffen diese Geschichte auf und formten aus ihr das „Storchengesetz“ Lex pelargonia (pelargos: der Storch). Es verpflichtete junge Menschen, ihre Eltern im Alter zu versorgen und kann mit einer heutigen Rentenversicherung verglichen werden.

Die Römer wiederum ordneten den Storch der Pietas, also der Tugend der Ehrerbietung gegenüber Eltern, Göttern und dem Staat, zu. Auf vielen Münzen aus dieser Zeit ist der Vogel neben ihrem Gesicht eingeprägt.

Bring uns Kinder, Frühling, Glück

Hinweise auf den Storch als Kinderbringer finden sich schon früher, doch populär wurde der Mythos erst im 18. Jahrhundert.

Störche fressen Schlangen, also Tiere, die im Christentum seit der Geschichte von Adam und Eva als teuflisch gelten. Das macht den Storch zu einem sehr reinen, gottgleichen Wesen. So wurde er sogar zum tierischen Abbild von Jesus Christus.

Auf das Kinderkriegen bezogen stellt der Storch ein keusches Element dar. Er ermöglicht als Kinderbringer die unbefleckte, unschuldige Empfängnis. Dieses jungfräuliche Motiv ist im Christentum sehr wichtig und konnte durch den Storch bildlich fixiert werden. Bis heute fallen Sätze wie „Dich hat der Storch gebracht!“, wenn kleine Kinder nach ihrer Entstehung fragen.

Ebenso wie Säuglinge steht natürlich auch der Frühling für einen Neuanfang. Auch ihn „bringt“ der Klapperstorch, der schließlich jedes Frühjahr aus seinem afrikanischen Winterquartier zurückkehrt. All das macht ihn zum ultimativen Symbol von Fruchtbarkeit und Glück. Auch der Name „Adebar“ lässt darauf schließen. Er setzt sich nämlich aus „auda“ (Heil, Glück) und „bera“ (bringen, gebären) zusammen.

https://www.youtube.com/watch?v=rujqtgnPArU

Mein Nachbar, der Storch

Viele Geschichten über den Storch lassen sich auch anhand seiner offenen Lebensweise erklären. Sein Horst liegt meist erhöht und gut sichtbar in der Nähe menschlicher Behausungen. So konnten die Menschen auch schon früher beobachten, wie sich die großen Vögel beispielsweise paarten (manchmal auch mehrmals in der Stunde). Wer könnte einen solchen Vogel nicht für fruchtbar halten?

Auch was sein Aussehen betrifft, ist Meister Adebar auffällig und unverwechselbar. Auch aus großer Entfernung kann man ihn sofort erkennen. Die Individuen sehen sich untereinander auch sehr ähnlich, weshalb Laien sie kaum auseinanderhalten können. So kam es zu der Annahme, dass Störche außerordentlich treue Partner sind. Dieser Gedanke ist heute natürlich widerlegt, doch der Weißstorch konnte sich seinen guten Ruf bewahren.

So sehr wir Menschen den Storch schätzen und lieben, so sehr müssen wir auch auf ihn aufpassen. Er gehört mittlerweile zu den gefährdeten Vogelarten in Deutschland, weil sein Lebensraum immer kleiner wird. Dabei ist eine glückliche Storchenfamilie in der Umgebung das beste Zeichen dafür, dass die Natur intakt ist.

Wenn ihr mehr über den sympathischen Kultvogel erfahren wollt, findet ihr in unserem Artenporträt zum Weißstorch weitere spannende Infos. Beim NABU gibt es eine Liste mit Storchenzentren in Deutschland. Dort könnt ihr die Vögel direkt beobachten und Storchen-Ausstellungen besuchen. Und wenn ihr selbst aktiv werden wollt, könnt ihr den Störchen mit dieser Anleitung vom NABU eine Nisthilfe bauen.

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