Vögel sind talentierte Handwerker: Denn sie setzen Werkzeuge zielgerichtet ein. Bestimmte Gegenstände verwenden sie sogar immer wieder – sie haben sich also angepasst und spezialisiert. Aber wie?
Der Werkzeugeinsatz verschiedener Vogelarten ist äußerst breit gefächert: von der Schmiede über Stäbchen bis hin zu gebogenen Drähten, um nach Futter zu angeln. Und auch die Ziele sind verschieden: von der Futterbeschaffung bis hin zur Körperpflege.
Harte Nahrung bearbeiten
Gleich Hammer und Amboss nutzen Vögel eine Schmiede: Sie arretieren das gewünschte Objekt und bearbeiten es solange, bis sie an die innere Nahrung gelangen. Als Hammer dienen Steine, der eigene Schnabel oder andere harte Gegenstände. Mithilfe der Schmiede zertrümmern sie Muscheln, Eier, Knochen oder gar Schildkröten. So hämmern beispielsweise Buntspechte Zapfen an Baumstämmen, um an deren Samen zu gelangen. Hierfür klemmt der Buntspecht die Zapfen in eine geeignete oder eigens für diesen Zweck vorbereitete Rindenspalte. Die Schuppen des fixierten Zapfens kann er nun leichter zerhacken. Singdrosseln nutzen hingegen flache Steine als Schmiede und zertrümmern hier Gehäuseschnecken.
Große Vasapapageien schleifen mit Kieselsteinen und Dattelkernen das Innere von Muschelschalen ab und lecken dann das abgekratzte Kalzium auf. Mithilfe keilartiger Gegenstände zerbrechen sie Muschelschalen in kleine Teile.
Eine weitere Hammer-Amboss-Variante ist, verschlossene Nahrung im Flug solange auf einen harten Untergrund abzuwerfen, bis sie zerspringt. Daher „regnet“ es in Israel Schildkröten, wenn Steinadler diese aus bis zu 60 Metern Höhe abwerfen. Krähen und Rabenvögel haben sich hingegen an das urbane Leben angepasst und benutzen Autos als Nussknacker. Schlau legen Sie Nüsse vor an Ampeln stehende Autos und lassen diese ihre Nahrung zerkleinern.
Wenn sich ein Gefäß nicht öffnen lässt, nehmen wir für einen besseren Gripp ein Tuch zur Hand. Ara-Kakadus machen dies ähnlich – mit einem Blatt im Schnabel. Zunächst sägen die Kakadus die Nuss an, halten sie dann mit dem Blatt fest und brechen sie anschließend auf.
Mit Stäbchen und Co. nach Nahrung fischen
In Löchern oder Hohlräumen nisten oft Larven und Insekten. Für viele tiefe Löcher ist der Vogelschnabel jedoch zu kurz. Um dennoch an die Leckereien zu gelangen, stochert der Spechtfink auf den Galapagosinseln mit einem abgebrochenen Stöckchen oder Kaktusdorn in den Hohlräumen. Besonders beeindruckend ist, dass die Spechtfinken die richtige Länge ihres Werkzeugs vorab wählen. Passt es nicht, wird es sogar entgabelt. Indem der Braunkopfkleiber Rindenschuppen als Hebel nutzt, gelangt er an Insekten, die sich unter anderen Rindenteilen verbergen.
Experimente zeigen außerdem, dass Vögel sogar Drähte zu einem Haken biegen, um versteckte Nahrung zu erreichen. So hielt die berühmte „Betty“ ein Ende eines Drahts mit ihrem Fuß fest und bog das andere Ende mit dem Schnabel zu einem Haken.
Nicht nur bildhaft angeln Amerikanische Grünreiher. Denn sie wissen: Fische beißen mit einem Köder gleich viel besser. Daher locken sie ihre Nahrung an, indem sie Köder wie Brot oder kleine Insekten auf das Wasser werfen.
Mit Kunst das Weibchen beeindrucken
Laubenvögel in Neuguinea und Australien sind sogar künstlerisch begabt. Die Männchen des Seidenlaubvogels bauen bunt geschmückte Lauben zur Balz. Hierbei sind sie sehr einfallsreich und stellen Farbe aus Beeren, Blüten, Rindenstückchen, Holzkohle und Pflanzenresten her. Im Schnabel mischen sie die Komponenten mit Speichel und streichen mit wischenden Bewegungen die entstandene Farbe auf die Wände der Laube.
Männchen des schwarzen Palmkakadus trommeln mit Holzstücken und werben so vor den Weibchen für die Bruthöhle oder vertreiben Konkurrenten. Für einen sauberen Landeplatz fegen Amseln mit Zweigen im Schnabel Schnee weg.
Körperpflege
Einige Vögel benutzen Werkzeuge sogar zur Körperpflege. Ohrenscharben nehmen beispielsweise eine längere Feder in den Schnabel und fetten mit dieser ihr Gefieder ein.
Es gibt zahlreiche weitere Beispiele, wie sich Vögel an ihre Umgebung angepasst haben und Werkzeuge nicht nur für die Nahrungssuche nutzen. Fallen Ihnen noch Beispiele und Besonderheiten ein? Dann verraten Sie uns diese doch im Kommentarfeld.